4. MA Thesis

Erweiterung der Bibliotheca Hertziana Jesse Henrik Rahn

Lageplan
Grundriss Erdgeschoss
Grundrisse 1. – 3. Obergeschoss
Schnitte
Projekttext

Erweiterung der Bibliotheca Hertziana – Eine Bibliothek für das Max-Planck-Institut für Kunstgeschichte in Rom


In einer Stadt wie Rom zu entwerfen, mag auf den ersten Blick eine Aufgabe wie in jeder anderen Stadt sein, doch in näherer Umgebung der Spanischen Treppen, also an einer kulturgeschichtlich besonders verdichteten Stelle, betritt man unsicheres Terrain.

Vordergründig unternimmt dieser Entwurf den Versuch einer Neuinterpretation der Bautypologie der Bibliothek. Dazu gehört das Arbeiten mit Referenzen, die auf diese Arbeit großen Einfluss hatten und die im Folgenden näher erläutert werden. Der Baukörper gliedert sich zunächst in drei Bauteile, die ihren Funktionen entsprechen: einem Archivturm mit Restaurationszentrum, eine Eingangs- und Ausstellungshalle mit darüberliegendem Auditorium und einem durch Tageslicht belichteten Lesesaal. Abgesehen von der Sinnhaftigkeit der Verteilung auf unterschiedliche Baukörper, nimmt die Anordnung dieser Bezug auf eine bautypologisch relevante Entwicklung: die römische Doppelbibliothek. Römische Kaiser, unter denen vor allem Julius Cäsar zu nennen ist, waren interessiert daran, die
römische Literatur gleichberechtigt neben die griechische Literatur zu stellen. Nachdem auf dem Palatin vorerst eine den Kaisern vorbehaltene Doppelbibliothek errichtet wurde, entstand unter Trajan die öffentliche Doppelbibliothek des Trajansforums, deren griechischer und lateinischer Bibliothekssaal – alte und neue Schriften – durch einen öffentlichen Platz in der Mitte im Gleichgewicht gehalten wurden.

Das Gebäude erschließt sich über ein Eingangsportal in der Mittelachse der Eingangshalle, welches sich mit seinem Relief auf den Braccio Nuovo mit dem von Zuccari gestalteten Monsterportal, das vor seiner Inkorporierung in den dahinter liegenden Erweiterungsbau die Funktion eines Gartenportals erfüllte. Nach Durchschreiten des Portals im Neubau stellt sich durch ein Fenster oberhalb des ersten Treppenpodestes eine Sichtverbindung zum Garten her.

Aus Kapazitätsgründen, aber auch um ein städtebauliches Gegengewicht zur Villa Medici zu schaffen, wird das Archiv als Turm ausformuliert. Der Lesesaal hingegen kontert den Turm, der kuratorisch klar als ein stärkeres Signal wirkt, mit seinem längsrechteckigen, dreischiffigen Grundriss, für den Michelozzos dreischiffige Kettenbibliothek referenziell ist. Das Mittelschiff erhält eine räumliche Überhöhung, wohingegen die Seitenschiffe die Funktion als Arbeitsort und Medienspeicher erfüllen. Die dem Garten zugewandte Seite des Lesesaals löst die Raumaufteilung als offene Struktur ein, in der nur jede vierte Achse mit einer Regal- und Konstruktionsachse belegt ist, wohingegen die der Straße zugewandte Seite jede zweite Regalachse auflöst und somit kleine Kammern schafft. Jede dieser Kammern erhält in der aufgelösten Regalachse ein Pultfenster, das einen Ausschnitt der Stadt Rom rahmt. An dieser Stelle ist auf eine weitere zentrale Referenz hinzuweisen: Montaignes Turm.


Auszeichnungen:

  • Anerkennung  Karl-Engeland-Preis 2023
  • 3. Preis BDA Bremen Studienpreis 2023
  • Herausragende Studienarbeit – Sommerschau SoAB 2023

Dozenten

  • Prof. Dr. Claudia Kromrei
  • Prof. Dr.-Ing. Martin Speth

Jahr

2023