Gegensätze
Fassadenelemente sind Puzzleteile der Strasse.
Ein Gipsabdruck verleiht den positiven
und negativen Elementen Plastizität. Sie
prägen sich in den divergenten Baukörper.
Der Durchgang steigt an und öffnet sich zum
Licht. Der Botschafter macht die Gegensätzlichkeit
erlebbar.
Nur wenige Menschen durchqueren die kleine Gasse, die vom Kontorhaus zu Bremens sprichwörtlicher „guter Stube“, dem historischen Marktplatz, führt. Voller Vorfreude auf Kulturdenkmäler und die neueste Mode oder mit schmerzenden Füßen auf dem Weg ins wohlige Heim durchqueren sie die Hakentrasse schnellen Schrittes und nehmen sie kaum wahr.
Stille Zeugen Bremer Geschichte
Die Atmosphäre hier ist düster und beengt, man möchte nicht verweilen. Eine rote Leuchtreklame schreit das Auge an. Graffiti, Flecken und wahllose Aufbauten an historischen Fassaden zeugen vom willkürlich maroden Charakter. Zum Marktplatz hin öffnet sich die Straße, rettendes Tageslicht umhüllt den Passanten. Es fällt das sehr gegensätzliche Erscheinungsbild historischer und moderner Fassaden auf. Das ehemalige Bankhaus, heute Sitz von P&C, präsentiert sich stolz mit schönen Sandstein-Reliefs. Die Konsolen der Glasvordächer dagegen bohren sich wie Stahlschwerter in den Blick des Betrachters. Das „Deutsche Haus“, heute würdige Residenz des Chocolatiers Hachez, verströmt trotz seiner ergrauten Fassade mit den vielen Sprossenfenstern und verschnörkelten Erkern historischen Glanz. Die funktional gestaltete Apotheke vermag hiermit, ebenso wie mit dem altehrwürdigen Sparkassengebäude am hinteren Ende der Gasse, keine Einheit zu bilden.
Rokoko versus 50er-Retro
Hebt man den Blick zum Himmel, wird die Gegensätzlichkeit geradezu sinnbildlich dargestellt. Ein verschnörkelter Rokoko-Giebel thront erhaben neben seiner modernen Variante mit Retro-Muster, die sich regelrecht verweigert, eine harmonische Einheit bilden zu wollen. Erstaunlich ist, dass die scheinbar alten Gebäude erst Anfang des 20. Jahrhunderts mit prächtigen Fassadenteilen, allesamt kostbare Originalstücke aus Bergungen und Sammlungen, wie ein Puzzle zusammen gefügt wurden. Durch wahllose Vermengung der Baustile könnten die Puzzleteile kaum unterschiedlicher sein.
Gegensätze
Der Kontrast zwischen stolzer Bremer Geschichte und Reduktion auf Funktionalität zeugt vom lieblosen Umgang mit diesem Ort. Voller Gegensätze bettelt er an der Rückseite des so prächtigen Marktplatzes mit seinen kleinen, schönen Details um Beachtung. Positive und negative Elemente bilden zusammen das Puzzle Hakenstraße.
BDA Studienpreis 2019
Dozenten
- Nele Dörschner
- Lucia Kapišinská
- Timo Novak
- Prof. Andrea Dung
- Prof. Ulrike Mansfeld